Ein neuer Rassismus

Wohin die Diffamierung von Erwerbslosen führt

Zum Geist der Agenda-Reformen gehört eine Propaganda, die Erwerbslose als Schmarotzer stigmatisiert. Es ist ein bekanntes Muster: Um den Boden für Sozialabbau vorzubereiten, wird eine Anti-Faulenzer-Debatte angestoßen. Ex-Kanzler Gerhard Schröder glänzte einst mit der Aussage, es dürfe kein Recht auf Faulheit geben. Inzwischen bedienen SPD-Abgeordnete diese Argumentation etwas geschickter: Nicht mehr grobschlächtige Diffamierung ist angesagt, sondern Beschäftigte und Erwerbslose werden nun subtil gegeneinander ausgespielt.

Wann immer jemand noch so kleine Verbesserungen vorschlägt, führen Sozialdemokraten Menschen an, die wenig verdienen und mit ihren Steuern die Erwerbslosen finanzieren. Dabei erwecken sie den Eindruck, die Sozialleistungsbeziehenden seien schuld an der schlechten materiellen Situation von Geringverdienenden. Das Gegenteil ist der Fall: Je prekärer die Situation von Erwerbslosen ist, um so eher sind die Beschäftigten zu Zugeständnissen bereit. Das Problem liegt nicht in der Alimentierung von Armen durch das allgemeine Steueraufkommen, sondern darin, dass die Beschäftigten vor allem den Reichtum der Reichen und die Managerabfindungen erarbeiten müssen.

Es ist ein perfider Trick der herrschenden Klasse, diejenigen, die fast nichts haben, gegen diejenigen auszuspielen, die noch weniger haben. Auch die SPD hat sich in ihren Versuchen, Beschäftigte gegen Erwerbslose auszuspielen, dieser Propaganda der Ausgrenzung verschrieben. Diese hat in dreifacher Hinsicht fatale Folgen: Erstens führt sie dazu, dass Erwerbslose, die schon unter Armut leiden, noch die Last aufgebürdet bekommen, unter dem Generalverdacht des Schmarotzertums zu stehen. Zweitens treibt die Diffamierung in der Praxis der Jobcenter schlimme Blüten. So bekommt, um nur ein Beispiel zu nennen, eine hochschwangere Frau plötzlich die Kosten der Unterkunft gekürzt, nur weil sie einer sich in Not befindenden Freundin ihr Wohnzimmersofa zur Verfügung stellte. Drittens betreibt, wer die Ausgrenzung von Erwerbslosen bedient, ein Spiel mit dem Feuer. Eine Studie des Soziologen Wilhelm Heitmeyer hat gezeigt, dass es eine wachsende Abscheu gegenüber Menschen gibt, die als "nutzlos" beziehungsweise als "Versager" gelten. Es existiert ein erhebliches Maß an Abwertung gegenüber Langzeiterwerbslosen und Obdachlosen.

So entsteht ein neuer Rassismus - der Nützlichkeitsrassismus. Zunehmende Übergriffe auf Wohnungslose sind die erste Folge davon. Erreicht die feindselige Einstellung gegenüber einer Menschengruppe eine gewisse Intensität, dann wird es gefährlich. Vor allem in Verbindung mit Abstiegsängsten entsteht eine explosive Mischung. Jede abwertende Äußerung in Talkshows oder Bundestagsdebatten über Erwerbslose verfestigt diesen Nützlichkeitsrassismus.



Nachtr:12/2021: Hat sich doch einiges geändert in der Medienwelt, auch das talk-show Format. Ich weiß nicht, ob es sowas arges wie damals heute noch gibt, denn ich gucke sowas einfach nicht mehr im Fernsehen. Es gibt viel besseres im Internet. Heute wird den Leuten der Müll wohl eher im scripted-reality-format untergejubelt. Manipuliert wird immer mehr auf Teufel komm raus, je mehr Boden der mainstream durch Internetalternativen verloren hat. Und Zensur im heutigen Ausmaß hat sich damals eigentlich auch noch keiner vorstellen können.

Mein Text von ca 2001:

Ich finde es überaus schäbig wie in den Talkshows des Privatfernsehens über sogenannte Sozial-schmarotzer hergezogen wird.Und wenn das wirklich Volkes Meinung sein sollte, dann müßte man sich wirklich schämen ein Deutscher zu sein. Aber ich nehme an, daß das Privatfernsehen aus politischen und Quotengründen immer die größten Arschlöcher zu diesen Talkshows einlädt und für die andere Position möglichst ein paar Schwachköpfe,statt mal einen erfahrenen Anwalt. Was mich so ärgert:

Die Sozialabhängigen haben keine Lobby.Warum soll ich nicht sagen,ich wäre stolz darauf,das Sozialsystem zu bescheißen,auch wenn ich in Wirklichkeit schäbig behandelt werde. Jeder möchte stolz sein auf das, was er ist, und ich bin geneigt,das für ein Grundrecht zu halten. Mit welchem Recht wollen diese Arschlöcher mich darauf verpflichten mich vor meiner Freundin als einen Schwächling darzustellen,statt als einen starken selbstbewußten Typen?Also sage ich natürlich:Ich schmarotze gern. Und wenn ich das meiner Freundin erzähle muß ich das natürlich auch allen anderen Leuten erzählen,sonst fliege ich bald auf. Ist es nich elend genug, wenn man von kümmerlichem Geld leben muß,im Vergleich zu denen,die einen anständig bezahlten Job haben? Und die ihn oft nur deshalb haben, weil sie sich mit unfairen und unsolidarischen Mitteln seit der Schule immer vorgedrängelt haben? Sollen Sie doch arbeiten die Idioten,wenn sie mir den guten Job weggenommen haben!

Und mit welchem Grund soll ich jedem, der sich wundert, warum ich nicht arbeite, offenbaren, welche Krankheiten mich daran hindern? Mein Arzt hat Schweigepflicht.Warum soll es für mich selbst plötzlich eine öffentliche Auskunftspflicht geben? Jeder macht aus seinen Krankheiten ein Geheimnis, eben,weil sie den Menschen unattraktiv machen und aus allen möglichen anderen Gründen peinlich sein können.Also sage ich:Ich bin nicht krank , ich bin arbeitsunwillig. Gründe dafür gibt es ja genug.

Und dann überhaupt:die in diesen Sendungen verbreitete Legende vom rosigen Arbeitsmarkt, auf dem jeder eine Stelle kriegen könnte, der sich ernsthaft bemüht. Klar, jeder, der absolut keine Handikaps hat und alles zu beliebig schlechten Bedingungen zu tun in der Lage ist.Tüchtige Leute ohne Handikaps,die es mit Müh und Not geschafft haben einen unterbezahlten Zeitungsausträgerjob zu bekommen,von dem sie grad mal ihr Taschengeld bestreiten können tun sich da dicke und beanspruchen Allgemeingültigkeit.Die Wahrheit ist:für die meisten Sozialhilfeempfänger (nicht zufällig meist die untüchtigsten Leute ) ist der Arbeitsmarkt praktisch gesehen absolut völlig dicht.Und wer noch einen ungelernten Job kriegt,kriegt ihn doch auch nur,weil ein anderer,der mehr dafür verlangt hat,geflogen ist.Um die Wette auf Kriechtier zu machen ist unsolidarisch, würdelos, ekelerregend.

Landläufige Meinung über Faulheit ist wohl,daß das das ein Fehlverhalten ist ,das durch ein ausreichendes Maß an Repression in den Griff zu bekommen ist. Und ich gebe zu,es hat Fälle gegeben,wo mir meine Arbeit als Hausmann dank eines gewissen Drucks unter dem ich stand, mehr Spaß gemacht hat. Wenigstens konnte ich mir sicher sein,daß jemand Notiz von meiner Arbeit nahm. In den allermeisten Fällen ist Repression aber etwas,das Menschen nur zerstört.

Und wieso muß ein Arbeitsloser zu jedem Preis Arbeit annehmen. Die Zeit,das ist doch das Leben, und auch die Zeit eines Arbeitslosen hat einen Wert für ihn. Wieso soll er sie unter diesem Wert verkaufen? Mag ja sein, daß er froh ist, der Langeweile zu entrinnen,vielleicht hat er aber auch sehr wichtige und dringende Dinge zu tun,oder wenigstens interessante. Diese Art von Geringschätzung des Lebens eines Arbeitslosen,daß man ihn nötigt Dinge zu tun,von denen die Stunde nur 2Mark wert ist, ist menschenverachtend. Die Zeit eines Menschen in unserer Gesellschaft ist einfach mehr wert.(2012:Das sieht man, wenn die teure Medizin daran arbeiten darf, sie ihm zu erhalten.Warum eine Million ausgeben, um einem Menschen das Leben zu erhalten, das man ihm dann für zwei Euro pro Stunde wieder weg nimmt? Der müßte ja allein dafür noch über hundert Jahre leben bei diesem geringen Zeitwert.) Also:Ein Mindestlohn muß schon sein,bei Arbeitspflicht. Alles andere ist beleidigend.

Völlig ungebildete Leute ,Alkohliker,psychisch oder körperlich Kranke,die aber nicht zum Arzt gehen weil der ihr Schicksal nur noch verschlimmern kann (Diskriminierungen als unzurechnungsfähig ,schmerzhafte und wenig erfolgversprechende Behandlungen)Leute, die die Gesellschaft vor die Tür gesetzt hat, und die weder Grund noch Möglichkeit haben,sich ihr verpflichtet zu fühlen,nur weil sie ihnen das Geld zum Überleben gibt,diese Leute sollen jetzt als Sündenböcke und Prügelknaben für den Frust derer herhalten, die mit gutem Grund ebenfalls nicht zufrieden mit ihrer Arbeitssituation sind,damit sie sich ja nicht gegen ihre Situation auflehnen. Es reicht nicht,jemandem Geld zu geben,um ihn in die Gesellschaft aufzunehmen,man muß ihn nunmal auch in sein Wohnzimmer lassen. Diese Hetze auf die Schwächsten, die sich nicht wehren können ist eben Arbeitgeberpropaganda von den Besitzern des Privatfernsehens.

Dass (Kanzler)Schröder ebenfalls auf den Zug aufgesprungen ist:Nunja, er hat es wohl nötig auf jeden Zug aufzuspringen um der CDU nicht das pöbel-Thema allein zu überlassen .Wollen wir doch erst mal gucken , was es für Gesetze mit praktischer Wirkung gibt.(Nachtrag 2003:Das sieht eher scheiße (Adverb) aus.Die Steuereinnahmen sinken und die Arbeitslosen und Sozialhilfeleute sollen noch gekürzt kriegen.) Gewählt hab ich ihn allerdings sowieso nur indirekt, als grünen Koalitionspartner.Und manchmal stelle ich auch das in Frage.(Nachtr.2003: Das war mal.Diesmal hatte ich die Schnauze voll vom Sozialabbau und ähnlicher Verarschung und hab gleich die Pds gewählt.Dass die nicht die 5% geschafft haben,na ja.Aber eine Stimme für diese rot-grüne Regierung wäre auch weggeworfen gewesen. Ich bin froh, dass ich nicht für den Scheiß, den die anstellen mitverantwortlich bin.)

Nachtr.2005 Jetzt haben wir es: Die Pöbel-Talkshow-Moral ist mit den Hartz Gesetzen als mehr Druck auf die Arbeitslosen in Erz gegossen und es gibt auch gleich weniger Geld für die "faulen Säcke".(positiv: der Wohngeldantrag entfällt.Nachtrag:Denkste: Wegen Fehlbelegerüberprüfung müßen wir doch den ganzen Papierkram ausfüllen.)

Soll mir eine Lehre sein, das mit Schröder.

Also, vor diesem Pöbel in den Talkshows jedenfalls kann einem Angst und bange werden. Nachtr2005:Damit hatte ich offensichtlich recht.

Und die Moderatoren? Solange der Pöbel ordinärer ist schwimmen sie obenauf mit ihrer spießigen Trivialmoral. Buttern aber gnadenlos jeden unter, der nicht unter diesen Hut passt. Als nicht anerkannte Minderheit würde ich mich nicht in so eine Talkshow wagen.Was da stattfindet ist keine Diskussion im Sinne von Austausch und Abwägung von Argumenten, sondern die Selbstverherrlichung des Spießertums.

Natürlich gibt es auch mal Themen, wo es nicht um Moral geht und kleine Unterschiede unter den Moderatoren, aber das ist nicht der Rede wert.(Nachtrag 2012: Es gibt jetzt Sendungen, wo manchmal bessere Verteidiger des Sozialen Staats eingeladen werden. Dafür hat sich aber eine neue Klasse von defätistischen Sendungen breitgemacht: Die Bangemacher-reality-shows. Und viele Talkshows sind wie ehe und je.)

Trivialmoral:Die Moral, die jeder auswendig kennt,die aber jeder normale Mensch zu glauben aufhört,wenn es auf ihn ankommt. Ich werde niemand mit der moralischen Keule lynchen und ich verabscheue Bekundungen von Gesinnungstüchtigkeit wie sie jetzt (2001) wieder aktuell sind. Und sollte ich jemals eine Mehrheit werden,werde ich einfach die Klappe halten.

L'Etranger” par Albert Camus, pour moi c'est l'histoire d'un homme, qui est très gentil et ne peut pas dire „non“ à aucun. Un caractère admirable. Mais malheureusement il a des copains mauvais et comme ça il est impliqué dans une bagarre, et quand il est bu il tue un homme. L'histoire se produit en Algérie quand il était francais, je crois. Normalement il aurait eu quelques années de prison pour ça, mais il est condamné à mort. L'oeuvre est dirigée contre la religion, et à la fin on comprend que au nom de la religion un homme et tué. Au bout du compte un fils est tué parce qu'on croit qu'il n'a pas aimé sa mère. (Comme les mères religieuses seront contentes de ça!...?) La religion, c'est tout menti et comme les uns mentent les autres doivent payer. Et tout ça au nom du peuple français. Le livre dit quasiment: „Ayez 'honte les français!“ (Je trouve qu'il a raison. Quand Camus a écrit l'histoire la France connaissait encore la peine de mort. Il n'y a pas de quoi rire. ) La pointe de'l histoire, c'est que l'étranger casse la geule d'un prêtre qui essaye de le séduire de mentir qu'il croit en Dieu pour -- peut-être -- réussir son pourvoir en grâce. Il ne le dit pas comme ça mais on le comprend. Il y a beaucoup de phrases drôles dans le livre comme: “C'est ne pas de ma faute.”

Je n'ai pas répété ma grammaire française pour longtemps, mais j'ai revisé ce texte grammaticalement. Il y a encore des fautes je crois.

zurück zur Homepage