Verglichen mit einer
derartigen eher „stalinistischen“ Aufnahmeprüfung,
die ich am liebsten allen für mich infragekommenden Parteien
verordnen möchte (*s.u.), um zu klären, wer dort Ämter
haben und wer nur einfaches Mitglied sein darf, muß ich
zugeben, dass ich mir dann theoretisch die selbst verordnete Ohrfeige
hätte einfangen können, von Leuten, die auf Nummer sicher
gehen wollen, ob sie vielleicht grade geprüft werden. Nicht,
dass ich einen verborgenen Judenhass hätte, das ist mir völlig
egal. Aber ich bin relativ indifferent gegenüber Kriegsfilmen,
vor allem wenn es gut gemachte Heldengeschichten mit plausiblen und
respektablen Heldentypen sind. Während die politisch durch diese
Filme transportierten Geschichten manchmal eher ärgerlich oder
absurd sind: (Die USA verteidigen die Menschlichkeit und
Imperialismus gibt es nicht, oder nur bei den bösen Gegnern,
diese amerikanische mainstream-Geschichte eben. Oder ähnliches,
bzw. allzu deutliche Analogien.Mangelnder Pazifismus und Respekt vor
dem Leben natürlich sowieso. Aber das relativiert sich ja an der
Perspektive, es war ja kein Kinderfilm.)
Was heißt,
Ohrfeige verdient? Um nicht zu sagen, ich habe sie auch bekommen:
Zum Beispiel gab es im
Fernsehen eine Serie über eine amerikanische Jagdflieger-Staffel
im Pazifikkrieg (also 2.Weltkrieg gegen Japaner) „Die schwarzen
Schafe, Staffel 214, oder so.“
Diese Geschichte stellt sehr
schön die Verantwortung des Gruppenführers gegenüber
den einzelnen dar, in Extremsituationen, (was mein Leben von innen
betrachtet ja durchaus war und ist). Auch die Verantwortung für
persönliche Fehler einzelner, den Zusammenhalt der Gruppe
gegenüber den Fehlern einzelner oder der Administration. Eben
eine kleine Gruppe als im Grunde autonome Einheit, die nur als großes
und ganzes von aussen kontrolliert werden konnte. So gesehen war das
keine schlechte Geschichte, auch wenn ich finde, dass die
Kriegs-Lyrik, vor allem in der science-fiction inzwischen
hinsichtlich ihrer Qualität doch deutlich weiter entwickelt
wurde. Vor allem wurde verächtlich über die Feinde, die
Japaner geredet, auch die, die man getötet hatte usw. Auch gab
es diverse Elemente militärischen Kults und allerhand anderes
störende, an das ich mich aber nicht erinnere, weil ich die
Serie seit zig Jahren nicht mehr gesehen habe.
Ok, dann sass ich
also da mal wieder in der Kantine, in der informell-lin ken Gruppe,
bei der sich vier oder fünf Männer um eine Frau scharten
und in der ich grade einen scharfen Seitenblick bekommen hatte, weil
ich mir zu viel Parmesankäse auf meine Nudeln geschaufelt hatte,
-obwohl genug da war, und keiner von uns mit der Finanzierung der
Kantine irgendwie zu tun hatte,- wieso also(?) Waren das etwa
„man“-Leute, die andere kritisierten, wegen Dingen, die
„man“ nicht tut? Wir waren doch nicht im realen
Sozialismus! Ja, es waren wohl Leute, die sich erst sehr partiell
geistig befreit hatten, auch wenn sie in dieser Situation die
Führungsgruppe darstellten.
Nun wollte ich mich in dieser
Gruppe mit einer neuen Stufe der Vertraulichkeit einführen, das
heißt über persönliche ideologische Schwächen
sprechen, um von dort dahin überzugehen, wie man diese Schwächen
beseitigen kann, nämlich nur im Vertrauen -wie es sich in der
gegenwärtigen Situation nur durch sexuelle Gemeinsamkeit
herstellen lässt. Kein arroganter Spieß-Bürger kann
einem mehr an die Karre pissen, wenn man für sein
sozialistisches Wohlverhalten tatsächlich Sex kriegt. Man kann
so sozialistisch sein, wie man will, eines ist man dann nicht mehr:
lächerlich. Man kann sich dessen sicher sein. Andernfalls ist
man vielleicht nur der ausgenutzte „Dumme“ und muß
sich heimlich schämen. Man ist jedenfalls jederzeit mit diesem
Argument angreifbar, verletzlich. Klar, was ich wollte-ich wollte auf
die Möglichkeit einer win-win Situation hinweisen.- Dies war
kein Schwindel, ich glaubte daran, und ich glaube tatsächlich
auch heute, Jahrzehnte danach, immer noch daran.
Ich wollte mich
in dieser Gruppe mit einer neuen Stufe der Vertraulichkeit einführen,
also begann ich: „Ist doch ein Hammer, was man manchmal für
einen Scheiß träumt!:“ Und dann erzählte ich,
wie ich geträumt hatte, wie ich irgendwie durch so einen
pazifikkrieg-mäßigen Dschungel schlagen mußte, und
so einen Japs, der mich killen wollte irgendwie mit einem Spiegel
(der wohl eher scifi-mäßig gewesen sein muß)
austrickste und von hinten abmurcksen konnte. Ich weiß nicht,
was ich darauf zu hören bekam, aber es war jedenfalls eine
verbale Ohrfeige, und die Gruppe distanzierte sich seither
unauffällig von mir. Jedenfalls saß man nicht mehr am
gleichen Tisch. Das hatte ich nicht verdient. Ich wußte doch
selber, was man alles fürchterliches über einen Menschen
sagen konnte, der sich so etwas auch nur im Traum vorstellen konnte.
Grade deshalb wollte ich doch darüber sprechen. Weil die
Vereinzelung, in der man nur noch Fernsehen gucken kann, doch grade
dahin führt. Ich wurde also vorgeblich wegen mangelnden
Lirks-seins ausgestoßen, letztenendes aber wohl doch eher, weil
einige in mir eine Art „Schnorrer“ witterten. Das mit dem
Schnorrer war ja wohl auch nicht ganz unwahr, aber Schnorrer
rauszuschmeißen, statt selber zu schnorren, das finde ich eben
auch nicht besonders sozialistisch. Oder bringe ich das jetzt mit dem
Christentum und anderen Frömmigkeiten durcheinander? Ist ja auch
Wurst, jedenfalls wo wir hin müßen.
Nun, ja, aber was
ich im Vergleich zu der „DDR-Aufnahmeprüfung“ damit
sagen wollte ist, dass unmögliche Sachen zu sagen nicht nur ein
Ausweis unmenschlicher parteifeindlicher Gesinnung und
parteifeindlicher Zugehörigkeit bzw. Provokation zur Prüfung
eines Gegenübers sein kann, sondern eben auch ein Geständnis
perverser Gefühle, oder intellektueller Schwächen, das die
nächste höhere Phase der Vertraulichkeit einleiten soll, in
der diese Dinge weiter aufgearbeitet und ein Vertrauensgrundstein
gelegt werden können.
So gesehen hätte die richtige
Antwort dann gelautet: „Du
meinst, Du bist von bösem Geist besessen, Dein eigenes Gefühl
ist Dir zum Feind? -- Das kenne ich, das Problem, wollen wir ein
wenig darüber reden?“ Oder: „Wie lange hast Du die
Krankheit schon?“ Kann einem allerdings passieren,
dass man dann die Antwort kriegt: „Du spinnst ja, Du Wichser !“
Dann allerdings ist die Ohrfeige wirklich fällig, das Problem
ist nur, dass man in der Gesellschaft ins Unrecht gesetzt wird, wenn
man sie in dieser Situation austeilt. Also riskiert man, auf diesem
Weg, als Erniedrigter aus der Sache herauszukommen.
Und irgendwann will man dann garnichts mehr mit anderen Leuten zu tun haben. Wenn das bloß zur Erniedrigung führt.
*Nebenbei, die Pointe:
Wenn sie genau hingucken: Ich habe ja auch bei meiner eigenen
stalinistischen Prüfung versagt und ich bin ja auch nichts, als
Statist in der Politik. Womit wieder alles im Lot wäre, oder
nicht? Wer wollte mir Unbescheidenheit oder Hochmut vorwerfen? Ich
bin keineswegs weniger harmoniesüchtig, als andere Menschen. Ich
habe nur weniger Gelegenheit, in gefühlter Harmonie zu leben, da
ich ja meine Lebensgeschichte nicht vor mir selbst verleugnen kann.
Aber darauf verzichten,
höhere Stufen der Vertraulichkeit einzuleiten, mit Leuten, mit
denen man zusammenarbeitet, heißt auch, seine Zeit zu
verschwenden.
Es ist eben nicht sinnvoll, ein U-Boot, einen
Flugzeugträger oder sonst eine Karriere zu bauen, wenn dort
keine Liebe wohnt.
Wenn
man sich selbst viel höher schätzt, als andere, bleibt man
allein, oder wird erniedrigt, das ist wohl wahr. Manche sehen das
dann als Strafe für die Sünde des Hochmuts.
Was bleibt?
Neulich habe ich ein Hörbuch gefunden Nietzsch Lesung: „Also
sprach Zarathustra“ Der Anfang mit der Ansprache an das
morgendlich aufgehende Zentralgestirn und den Beginn von Zarathustras
Untergang ist wirklich sehr lustig. Ja, also, sowas lustig zu finden,
das bleibt. Zum Beispiel auch Southpark. Viel mehr nicht.