Manfred Vincent von Sperling: Als es darum ging, unserem ersten Sohn Manfred einen Namen zu geben, dachte ich vor allem daran, ihm einen Namen zu geben, mit dem er ein angenehmes Leben führen könnte. Also nicht, wie bei anderen Leuten den Auftrag für's Leben durch den Namen ausdrücken, da ich mich mit Scherereien mit dem Namen genug auskannte. Also weder etwas, das einen für ständige Hänseleien prädestiniert, noch etwas zu pompöses, das dazu führt, aus Neid schlecht behandelt zu werden. Schlimm genug, der Adelstitel im Nachnamen. Warum legst Du ihn nicht einfach ab, wenn er Dir nicht gefällt, würde mancher höhnisch fragen. Wenn man für etwas erstmal eine ungerechte Strafe bekommen hat, (als Kind! von anderen) ist es aber würdelos, dieser Ungerechtigkeit auch noch nachzugeben. Vielfach werden Kinder auch nach irgendwelchen Vorfahren benannt, um diese zu ehren, aber vom Vorfahren-ehren hatte ich nach dem Aufwachsen in dieser Familie irgendwie die Schnauze voll. Man war zu oft genötigt worden, ohne irgendwas zu verstehen. Im Nachhinein denke ich, dass diese Namengebung meine Eltern vielleicht ziemlich geärgert hat, (vor allem bei dem anderen zweiten Sohn, auf dessen Namen das niedliche Enkel – Baby ihrer Putzfrau auf dem Umweg über den älteren Bruder nicht unerheblichen Einfluß hatte. Schwer zu schlucken für jemand mit ohnehin “deklassierender” Lebensgeschichte.) Aber “Manfred” wurde jedenfalls akzeptiert.
Manfred heißt nicht nach dem “roten Baron”, dem Kampfflieger so, wir verehren keine Kriegshelden des deutschen Reiches, sondern wir haben ihm den Namen nach Gefühl gegeben. Wir sind einfach alle Namen, die uns einfielen durchgegangen und jeder hat die vom anderen vorgeschlagenen verworfen. Immerhin schien mir “Manfred” aber proletarisch genug, um den Gedanken an den Kriegshelden zu neutralisieren. In meiner Generation hießen sehr viele Jungen so. “Manfred” eckte bei mir auch deshalb nicht an, weil ich eine science-fiction Geschichte geschrieben hatte, in der einer der beiden Helden so hieß. (Die Geschichte war ein optimistischer Ableger von Frankes Orchideenkäfig, in dem die “Menschen” endlich ausleben können, was sie bewegt. Und auch bei Franke gibt es ja ein bischen Optimismus, insoweit der Held am Ende wirklich von seiner Super-service-Maschine aufsteht.) Auch der DDR-Vorzeigewissenschaftler fiel mir ein.(Er hat den Russen ihre Atombombe gebastelt, was ich allerdings damals nicht wusste. Ich kannte ihn nur als Kult-Wissenschaftler der DDR.(Dem Anti-lieblose-BRD-Deutschland (Nur eine Perspektive, keine umfassende Würdigung dieses Landes)))
Marion hatte einen Onkel der Manfred hieß und den sie gut leiden konnte. Deshalb hatte keiner ein unsympathisches Gefühl bei dem Namen und so ging dieser Name durch. Im Gegensatz zu 200 anderen.Wonach der Onkel dann benannt wurde, oder dessen Onkel... Ist das wirklich noch wichtig? Mein Vorschlag war “Maximilian” als idealer Mittelweg und mit schönem Rhythmus. (kurz Max) Oder gleich “Iwan” dem Schrecken der Großväter, das wäre für mich lustig gewesen, aber ich wollte ihm ja nicht ernsthaft einen Familien-Streit aufhalsen. Obwohl ich später erfuhr, das das in gewisser Weise der tradierte Name von mir und meinem Vater gewesen wäre. Denn Iwan ist ja nur die russische Version von “Hans” - es handelt sich jedenfalls um denselben christlichen Propheten/Evangelisten.
So blieb es bei “Manfred”. So ist das, man denkt sich was, aber andere Leute denken was anderes dabei. Meistens denken die Leute immer dasselbe und so wurde Manfred tatsächlich einige Male mit spöttischem Unterton nach dem Kampfflieger gefragt. Das war so nicht vorgesehen.
Aber es war schon so fast unmöglich, sich für unsere Kinder überhaupt auf einen Namen zu einigen, bei dem wir beide ein gutes Gefühl hatten.
Der zweite Name “Vincent” heißt nach Vincent van Gogh, einem Maler, der wirklich ein großes schönes und eindrucksvolles Werk zustande gebracht hat. Ich mag vor allem diese Sommer-Bilder. Auch, wenn Leute, die ihn nicht verstanden, ihn für verrückt hielten. Meine Mutter, die es für komisch hielt, immer ein bischen zu pieken, lächerlich zu machen und zu provozieren, (man muß ihr zugute halten, dass sie wohl wirklich glaubte, das wäre ein löbliches Verhalten) hatte “Winston” vorgeschlagen, nach dem bedauernswerten gequälten Helden des von mir oft gelesenen und sehr geschätzten und propagierten Romans “1984” von George Orwell. Das ging natürlich überhaupt nicht. Dann schon eher “Orwell” Ne, aber sag ich “Vincent” nicht “Winston”. Maler mochte sie auch. Sie war auch selbst recht geschickt im Malen und hatte so einen Künstler-Tuschkasten.
Wieso “Vincent” bei Marion durchgegangen ist, weiß ich nicht, ich glaube, sie mochte die Bilder auch. Ihre Oma hatte eins in der Küche hängen. Natürlich kein Original, das waren Bauern aus dem Münsterland, die hatten ein Stück vom real-geteilten Bauernhof, immerhin, aber viel mehr auch nicht.
Wer einen Rat von mir will: Gebt euren Kindern ganz viele Namen. Einer mehr schadet überhaupt nicht, man lässt ihn einfach weg. Zwei ist eigentlich zu wenig.
So kam es zu Manfred Vincent von Sperling.